Ein Beitrag von Katharina Rühling und Dorothea Eickemeyer
Was genau sind eigentlich Wirtschafts- und Nebengebäude, warum stehen sie unter Denkmalschutz und wie können sie erhalten werden? Wir haben unser Beratungsteam gefragt und das Wichtigste hier zusammengefasst.
Was sind Wirtschafts- und Nebengebäude?
Scheune, Stall und Co. gelten als so genannte Wirtschafts- oder Nebengebäude. In einer landwirtschaftlichen Hofanlage zählen all jene zu den Wirtschaftsgebäuden, welche nicht bewohnt sind. Bei herrschaftlichen Anlagen schloss dies auch Gesinde- und Waschhäuser ein. In Klosteranlagen werden all jene Bauwerke, welche keiner sakralen Funktion oder dem Studium dienen, zu den wirtschaftlichen Nebengebäuden gezählt. Auch wenn sich die meisten Gebäude aufgrund ihrer Hauptnutzung, wie die Erntelagerung oder die Unterbringung von Nutztieren, Maschinen oder Fahrzeugen, einem bestimmten Gebäudetyp wie Scheune oder Stall zuweisen lassen, erfüllten sie oft auch mehrere wirtschaftliche Zwecke.
Warum stehen Wirtschafts- und Nebengebäude unter Denkmalschutz?
Historische Wirtschafts- und Nebengebäude zeichnen sich nicht nur durch ihre regions- und epochenspezifischen baulichen Eigenarten und Besonderheiten aus, sondern sind als wichtige Elemente ländlicher Hofanlagen auch prägend für das Orts- und Straßenbild. Schützens- und erhaltenswert sind sie dabei nicht nur aufgrund ihres Zeugnis- und Schauwertes für die (Bau)Geschichte, sondern auch aufgrund ihres beispielhaften Charakters und ihrer Bedeutung für die Kulturlandschaft und regionale Baukultur.
Warum fehlt heutzutage oftmals eine Nutzung?
Viele dieser Gebäude verloren im Laufe der Zeit aufgrund von wirtschaftlichen und politischen Veränderungen ihren ursprünglichen Nutzungszweck. In Ostdeutschland entfiel vor allem durch die Einrichtung landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften und die Errichtung zentraler Produktionsgebäude in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die landwirtschaftliche Nutzung der dörflichen Hofanlagen. Und auch wenn manches Gebäude danach in anderweitiger Weise genutzt werden konnte, blieben doch viele ohne Nutzung und verfielen. Durch den anhaltenden Strukturwandel gerade im ländlichen Raum und die Folgen der demographischen Entwicklung – wie Bevölkerungsrückgang und zunehmende Überalterung – stellt das in Nutzung bringen vor allem großer Objekte nach wie vor eine Herausforderung dar.
Potentiale für die Zukunft
Die Weiternutzung und das wieder in Nutzung bringen historischer Wirtschafts- und Nebengebäude leistet einen wichtigen Beitrag zu Klima- und Umweltschutz, da dadurch CO2 durch Abriss und Neubau gespart und zusätzliche Flächenversiegelung verhindert werden kann. Auch sind die meist mit lokalen Baumaterialien errichteten Gebäude Vorbilder für nachhaltiges Bauen und als identitätsstiftende und kulturtouristisch spannende Orte beispielhaft für die ästhetische Nachhaltigkeit traditioneller Bauweisen.
Zwar ist eine Wohnnutzung gerade unter den Bedingungen der aktuellen Energiewende nicht für alle diese Gebäude eine realistische und umsetzbare Lösung. Auch weil der Umbau von beispielsweise Scheunen zu Wohngebäuden starke Eingriffe in die Bausubstanz und eine Beeinträchtigung des ursprünglichen Erscheinungsbildes bedeuten kann. Dennoch können mit der Umnutzung ländlicher Hofanlagen oft neue, attraktive Veranstaltungs- oder Wohn- und Arbeitsorte geschaffen werden. Voraussetzung ist dabei immer ein behutsamer Umgang mit dem Bestand und ein Bewusstsein für die Besonderheiten der jeweiligen Region. Durch Dorfentwicklungsprogramme und insbesondere durch die LEADER-Förderung konnten so in Sachsen in den letzten Jahren viele dieser Gebäude wieder in Nutzung gebracht und saniert werden.
Um den Blick auf die Potenziale historischer Wirtschafts- und Nebengebäude für die Wahrung regionaler Identität wie für die regionale Entwicklung zu lenken, veranstaltete das Denkmalnetz Sachsen im September 2023 in Kooperation mit der LEADER-Region Schönburger Land und dem Zentrum für Baukultur Sachsen (ZfBK) seinen ersten Thementag zu „Scheune, Stall & Co.“. Hier kamen wir mit Eigentümer:innen, Kommunen und Vertreter:innen von Förderstellen und Behörden zusammen, sprachen über den Wert von Baukultur im ländlichen Raum und behördliche Entscheidungsspielräume und konnten inspirierende Umnutzungsbeispiele kennenlernen.
Hier geht’s zur Zusammenfassung zum Thementag Scheune, Stall & Co.