Am letzten Augustwochenende lud die Arbeitsgruppe Industriekultur des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz e.V. in Kooperation mit dem Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund und mit Unterstützung des Denkmalnetzes Sachsen zur Ehrenamtstagung auf Schloss Krobnitz in die Oberlausitz ein. Damit setzte die Arbeitsgruppe ihr 2020 begonnenes Projekt „Lebendiges Netzwerk Industriekultur im Ehrenamt“ fort.

Ziel der Tagung war es, die Leistungen des ehrenamtlichen Engagements in der Erforschung und Bewahrung sächsischer Industriekultur – diesmal mit dem Schwerpunkt Oberlausitz – zu zeigen und zum Erfahrungsaustausch und zur Zusammenarbeit einzuladen.

Dazu stellten wieder Vertreterinnen und Vertreter von öffentlichen Institutionen wie von Vereinen in den verschiedenen Sektionen der Tagung – Recherchemöglichkeiten und Quellen zur Industriekultur, Nutzung von Wiki-Projekten und Open-Source-Systemen, Projekte zur Industriekultur und Vermittlungsarbeit in der Industriekultur – ihre Arbeit und ihre Projekte vor.

Grit Richter-Laugwitz vom Archivverbund Stadtarchiv/ Staatsfilialarchiv Bautzen gab einen Einblick in die hier verwahrten Quellen, insbesondere die Quellen und Bestände zur Industriegeschichte und sprach über die Möglichkeiten aber auch die Grenzen eigenständiger Recherche über die Onlineangebote des Archivverbundes. Daran anknüpfend sprach Martin Munke von der Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) in seinem Vortrag zu Recherchemöglichkeiten und Quellen zur Industriegeschichte und -kultur der Oberlausitz in der SLUB. Hierbei verwies er insbesondere auf die Sächsische Bibliografie als Literaturdatenbank und das Portal sachsen.digital, auf dem digitalisierte Quellen auch aus Einrichtungen in der Oberlausitz gefunden werden können.

Nora Wiedemann, ehemalige Mitarbeiterin im BKM-Erfassungsprojekt zu den Zeugnissen der Braunkohleindustrie, stellte Herangehensweise und Ergebnisse des Projektes vor, in dessen Rahmen zwei Teams die materiellen Zeugnisse des Bergbaus vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart im Mitteldeutschen und im Lausitzer Revier erfassten. Die gesammelten Daten werden ab Oktober 2023 im Informationsportal Kuladig (Kultur.Landschaft.Digital) verfügbar und damit auch für Ehrenamtliche zugänglich sein.
Die Bedeutung solcher Projekte für die Bürgerforschung (Citizen Science) machte auch der Vortrag von Uwe Hessel vom WIMAD e. V. über das Gemeinschaftsprojekt zur Sicherung und Erschließung historischer Bestände der Schokoladenfabrik Niederoderwitz deutlich. Einen Einblick in das Archiv der Schokoladenfabrik Niederoderwitz konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung während der Pausen am Stand des WIMAD e. V. erhalten.

Vor allem der Vortrag von Jens Kugler zur praktischen Nutzung eines offenen Geoinformationssystems (QGis) bei der Erfassung montanhistorischer Objekte in Sachsen zeigte anschaulich den Wert und die Potentiale ehrenamtlichen Engagements. Und auch im Vortrag von Joachim Mühle vom Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund, der in seinem Vortrag die Geschichte der Gründung und Einrichtung des Granitabbaumuseum Königshainer Berge nachzeichnete, wurde die besondere Rolle des Ehrenamtes deutlich, ohne dass das Museum nicht entstanden wäre.

Einblicke in die praktische Netzwerkarbeit kamen nicht zuletzt von Luise Hahmann vom Denkmalnetz Sachsen, die in ihrem Vortrag das Denkmalnetz Sachsen sowie den Arbeitskreis Spinnmühlen vorstellte, der seit letztem Jahr vom Denkmalnetz Sachsen koordiniert wird.

Was Ehrenamt möglich macht, zeigten auch die Vorträge von Professor Holger Schmidt vom Verein Neufert-Bau Weißwasser e. V. über das gleichnamige Industriedenkmal und von Kay Weißflog vom Verein Pro Herrnhuter Bahn e.V. über das 175. Jubiläum der Bahnstrecke Löbau-Zittau in Niedercunnersdorf.
Der Neufert-Bau in Weißwasser/0.L. ist ein bisher noch wenig beachtetes Baudenkmal der Moderne. Von 1935 bis 1937 als Zentrallager der Vereinigten Lausitzer Glaswerke (VLG) errichtet, ist er das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen den beiden ehemaligen Bauhäuslern Wilhelm Wagenfeld (1900 - 1990) und Ernst Neufert (1900 - 1986). Das seit Anfang der 1990er leerstehende Gebäude hat seinen Erhalt vor allem der Initiative des Ende 2014 gegründeten Vereins Neufert-Bau Weißwasser e.V. zu verdanken, die sich seit 2016 auf Grundlage eines Erbbaupachtvertrages für die Sicherung, Revitalisierung und sinnvolle Nachnutzung des Neufert-Baus engagiert.
Der Ende 2018 gegründete Verein Pro Herrnhuter Bahn e.V. setzt sich für den Erhalt und die Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke von Löbau nach Zittau zwischen Niedercunnersdorf und Oberoderwitz ein, die als viertälteste in Sachsen als Sachgesamtheit unter Denkmalschutz steht.

In der letzten Sektion zur Vermittlung von Industriekultur wurden besonders in dem Vortrag von Wolfgang Winkler, Vorsitzender des Fördervereins des Deutschen Damast- und Frottiermuseum, auch die Herausforderungen ehrenamtlicher Arbeit deutlich. Der Verein, 1991 durch engagierte Fachleute zur Bewahrung historischer Textiltechnik gegründet, betreibt seit 1995 eine Schauwerkstatt mit historischen Webstühlen aus den verschiedenen Epochen. In dieser vermitteln die Vereinsmitglieder Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen vor allem durch Vorführungen an den Webstühlen die Herstellung von traditionellen Textilien in der Oberlausitz. Doch trotz allen Engagements ist aufgrund des zunehmenden Alters der Vereinsmitglieder das Wissen um den Betrieb der historischen Maschinen, deren Instandhaltung und Reparatur gefährdet.

Parallel zu den Tagungsbeiträgen fand ein Markt der Akteure statt, auf dem zahlreiche Vereine ihre Arbeit und Projekte den Besucherinnen und Besuchern präsentieren und auch untereinander in den Austausch kommen konnten.

In den Vorträgen wie auf dem Markt der Akteure zeigte die Tagung eindrucksvoll die Leistungsstärke ehrenamtlichen Engagements und vermittelte einen deutlichen Eindruck davon, was ohne die vielen engagierten Menschen bereits verloren gegangen wäre. Dennoch bleibt die Weitergabe des industriekulturellen Erbes an die nachfolgenden Generationen eine große Herausforderung und das Ehrenamt braucht Unterstützung, um seine Arbeit auch in Zukunft wirkungsvoll fortsetzen zu können.

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📷 Petra Westphalen (Landesverein Sächsischer Heimatschutz e.V.), LH, JK & SB (Denkmalnetz Sachsen)