Denkmal-Forum »Ostmoderne« gegründet
Zur gegenseitigen Unterstützung in der Erfassung und denkmalgerechten Erhaltung ostmoderner Bestandsbauten haben die Denkmalfachämter Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin im Mai 2023 das Denkmal-Forum »Ostmoderne in Architektur, Städtebau und baubezogener Kunst der DDR« unter dem Dach der Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern (VDL) gegründet. Im Fokus stehen vor allem der Erfahrungsaustausch und der Wissenstransfer zwischen den Denkmalfachämtern zu Erkenntnissen in der Inventarisation und der Praktischen Denkmalpflege sowie der Austausch mit Architekt:innen und Künstler:innen.
Was ist Ostmoderne?
Mit dem Begriff Ostmoderne werden im Allgemeinen Bauten der Nachkriegsmoderne (nach 1945) auf dem Gebiet der ehemaligen DDR erfasst und eine Vielzahl an Stilen und Strömungen subsumiert. Gebäude, bei denen sich am Konzept der Klassischen Moderne orientiert wurde, werden dabei ebenso dazu gezählt wie Plattenbauplanungen der 1970er und 1980er oder baubezogene Kunst in der DDR.
Netzwerke, Initiativen und Publikationen
Insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten ist das bürgerschaftliche wie das wissenschaftliche Interesse an Bauten der Ostmoderne stark gewachsen. Tagungen und Ausstellungen widmeten sich seitdem den verschiedenen Aspekten ostmoderner Architektur und Initiativen und Netzwerke haben Wissen gesammelt und dokumentiert. So wirbt beispielsweise das Netzwerk ostmodern seit 2006 mit seiner Plattform für den Erhalt bedeutsamer Bauwerke, Ensembles und baubezogener Kunstwerke aus der Zeit zwischen 1945 und 1989. Und seit 2019 unterstützt die Wüstenrot Stiftung mit dem Projekt „Baubezogene Kunst in der DDR“ die Sicherung, den Erhalt sowie die Erforschung und Restaurierung baubezogener Kunst.
Mittlerweile finden sich auch zahlreiche Publikationen zu dem Themenkomplex.
Kürzlich erschienen ist das Buch »Leipzig im Aufbau«, in dem Thomas Hoscislawski erstmals umfassend die städtebauliche Entwicklung Leipzigs zwischen 1945 und 1990 dokumentiert und ausgehend von den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges die Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung sowie wichtige Planungen vorstellt.
Die Bauten der Ostmoderne brauchen Unterstützung
Dass die Bauten der Ostmoderne nach wie vor besondere Unterstützung brauchen, zeigen nicht zuletzt die jüngsten Entwicklungen um die ehemalige robotron-Kantine und die aktuell wieder eingesetzte Debatte um ihren Abriss.
Seit 2017 engagieren sich das Netzwerk ostmodern und das Projekt Industrie.Kultur.Ost gemeinsam mit zahlreichen anderen Akteuren der Dresdner Stadtgesellschaft für den Erhalt und die Umnutzung der ehemaligen Betriebskantine des robotron-Kombinats. Das Gebäude, zentral zwischen Hygiene-Museum und Rathaus gelegen und mit seiner Pavillonarchitektur ein besonderes Beispiel ostdeutscher Nachkriegsmoderne, soll als offener Ort für die Stadtgesellschaft eine neue Nutzung finden. 2018 lagen zwei Nutzungskonzepte – Konzept Kunsthaus & Konzept Open Future Lab – vor, die auch große Unterstützung bei Institutionen und Vertretern der Wirtschaft und Kultur mobilisieren konnten. 2019 stimmte der Stadtrat dem Erwerb der ehemaligen robotron-Kantine sowie der Umsetzung des Vorhabens Lingnerstadt als Leitprojekt im Rahmen der Bewerbung der Landeshauptstadt Dresden als Kulturhauptstadt Europas 2025 mit großer Mehrheit zu. Auch wenn Dresdens Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 in der Vorauswahl keinen Erfolg hatte, bescheinigte die Experten-Jury dem Projekt zum Erhalt der robotron-Kantine doch viel Potential: „The Robotron canteen is an interesting investment and is worth being further developed.“
Selection of the European Capital of Culture (ECoC) 2025 in Germany, The Expert Panel’s report Pre-Selection Stage, Berlin, Dezember 2019, S. 9.
Seit 2021 nutzen das Kunsthaus Dresden - Städtische Galerie für Gegenwartskunst und die Ostrale Zentrum für zeitgenössische Kunst die robotron-Kantine, um mit internationalen, regionalen und lokalen Partner:innen und Förder:innen in Ausstellungen, Konzerten und Vorträgen einer breiten Bevölkerung einen Zugang zu zeitgenössischer Kunst sowie den Umgang mit Architektur und Zeitgeschichte zu vermitteln.
„Mit einem Umzug des Kunsthauses Dresden und der alle zwei Jahre stattfindenden Ostrale kann die Stadt an diesem Ort ein junges Gesicht Dresdens entwickeln und offen für die Zukunft und den Dialog zwischen den Generationen werden. Wir hoffen auf eine positive Entscheidung – für die zukunftsweisende Weiternutzung eines denkmalwürdigen Baus der Ostmoderne und für einen Ort der zeitgenössischen Kunst, Kultur und eine lebendige Stadtgesellschaft im Zentrum von Dresden.“
Netzwerk ostmodern
Die Entscheidung über den Ankauf der robotron-Kantine, um eine zukünftige, gemeinnützige Nutzung möglich zu machen, steht aktuell im Stadtrat noch aus.
Räume schaffen – Stadtgeschichte zeigen – Zukunft denken – Nachhaltigkeit beweisen: robotron-Kantine erhalten.
📷 Netzwerk ostmodern