Ein Beitrag von Nora Ruland und Katharina Rühling
Auf in die Zukunft: Zwischen Grimma und der Mulde steht das älteste Gebäude von Ragewitz: das ehemalige Pfarrhaus. 1748 erbaut, erzählt der schlichte Putzbau mit seinem Walmdach und dem markanten Segmentbogenportal von über 275 Jahren Dorfgeschichte. Bis heute ist es ein stilles Zeugnis vergangener Zeiten und von ortsgeschichtlicher wie bauhistorischer Bedeutung.
Seit September 2025 beraten wir die Eigentümer:innen des Pfarrhauses unter anderem zum Erhalt sowie zum Aufbau eines Netzwerkes für den Weg in die geplante Zukunft.
Über Generationen war das Haus ein Zuhause für Pfarrfamilien, die hier lebten, arbeiteten und Gemeinschaft prägten. Zu DDR-Zeiten teilte man sich den Raum: Die Pfarrfamilie bewohnte das Obergeschoss, während im Erdgeschoss mehrere Familien zusammenlebten. Nach der Wende wandelte sich das Gebäude zum Gemeinderaum und zur Winterkirche – ein Ort, an dem sich Menschen begegneten.
2007 begann ein neues Kapitel: Eine deutsch-französische Familie erwarb das Pfarrhaus, um ein gemeinsames Zuhause für alle Generationen zu schaffen. Nach dem Tod der Eltern übernahm 2024 die nächste Generation und entschied, das Haus wieder zu beleben und seine Geschichte weiterzuschreiben.
Für die Zukunft gibt es viele Pläne und noch mehr Ideen: Ein Büro für einen Verein mit humanistischen Werten, vielleicht ein Drehort für Filmproduktionen („SOKO Leipzig in Ragewitz?“), später eventuell Räume, die vorübergehend Menschen in Not zur Verfügung stehen. Doch zunächst soll das Haus Schritt für Schritt wieder bewohnbar werden.
Im Frühjahr 2025 gab es einen Rückschlag: Ein Feuer zerstörte einige Räume. Doch mit viel Hingabe, Zeit und Eigenleistung sowie durch Unterstützung eines lokalen Handwerkers wurde Stück für Stück wiederaufgebaut.
Heute zeigt das Pfarrhaus noch immer viele seiner historischen Schätze: die alten Fliesen im Eingangsbereich, die vermutlich bauzeitlichen Fenster auf der Gartenseite, die Türen im Obergeschoss und Spuren jahrhundertealter Wandfarben. Gleichzeitig lebt es schon wieder: als Ort für Veranstaltungen und Begegnungen. Ein Raum dient als Winterlager für Gemüse einer solidarischen Landwirtschaft. Das gesamte Erdgeschoss, einschließlich der Küche, wartet noch auf seine Renovierung: der Boden, der gelegt werden will, ist Sinnbild für den Neubeginn.
Das ehemalige Pfarrhaus von Ragewitz soll ein Ort werden, an dem Geschichte, Kultur und Menschlichkeit sich begegnen – ein Haus, das Rücksicht schenkt, Raum für Neues öffnet und Hoffnung atmet.
Mit einem Filmabend im November schafften die Eigentümer:innen in diesem Sinne ersten Raum für Begegnung und freuten sich über die vielfältige Vernetzung, sei es mit ehemaligen Bewohner:innen, anderen Denkmaleigentümer:innen sowie Vertreter:innen aus dem Bereich des nachhaltigen Bauens.
Wir freuen uns, den Eigentümer:innen auf dem weiteren Weg beratend zu begleiten und wünschen weiterhin viel Erfolg.
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📸Julie L & Hagen WL
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