In der kleinen Ortschaft Kunzwerda bei Torgau in Nordsachen, eingebettet in die Felder und Wiesen der Elbauen, liegt das Herrenhaus Kunzwerda. Hier haben sich Renate und Jochen Braun auf ca. 2.500 Quadratmetern ein kleines Stück vom Paradies geschaffen. Zudem waren sie bereit, dieses sowohl als Veranstaltungs- als auch Ferienort mit Gästen zu teilen: Seit 2017 vermieten sie den sanierten Festsaal und drei Ferienwohnungen. Doch bis dahin war es ein weiter Weg, welcher laut den Eigentümer:innen nur mit einer gehörigen Portion Mut, Motivation, Durchhaltevermögen und auch einer Prise Naivität zugleich zu meistern war. Hinzu kamen der Wille und die Offenheit mitanzupacken und Schritt für Schritt zu lernen.

„Ein Stück vom Paradies oder…alle sagten, dass es nicht geht und da kamen Zwei, 
die wussten das nicht und machten es einfach…“ (Renate Braun)

Das einstige Gutshaus schaut auf eine bewegte Geschichte zurück. Ersterwähnt wurde das ehemalige Gut um 1243. Etwa 1797 soll das zweigeschossige herrschaftliche Gutshaus mit zweigeschossigem Dachstuhl im barocken Stil errichtet worden sein.

Nach der Enteignung der ehemaligen Gutseigentümer um 1945 wohnten lange Zeit bis zu fünf Familien im Gebäude. In den neunziger Jahren wurde die Gebäudehülle von der Stadt Torgau teilsaniert. Im Jahr 2013 schließlich erwarb Familie Braun das denkmalgeschützte Herrenhaus von der Stadt und verliebte sich auf den ersten Blick in das historische Gebäude. Zu diesem Zeitpunkt stand das Haus bereits drei Jahre leer und befand sich in keinem bewohnbaren Zustand.

Renate und Jochen Braun hatten bereits seit einiger Zeit nach einem größeren Heim gesucht. Dabei war ihnen besonders wichtig, dass sich das neue Domizil im Einzugsgebiet Torgaus befinde, des Weiteren wünschten sie sich ein Gebäude mit mehr Platz und gleichzeitig einer Geschichte. Das Herrenhaus Kunzwerda wurde ihren Ansprüchen mehr als gerecht und punktete zudem mit dem großen Gartengrundstück mit Freiraum zum Gebäude. Da es dem Ehepaar wichtig war, möglichst viele der notwendigen Arbeiten an ihrem Kulturdenkmal selbstzumachen, wurde das Herrenhaus zunächst zur „Wochenendbaustelle“. 

Bis zum Einzug in die erste renovierte Wohnung im Erdgeschoss lebten Renate und Jochen Braun weiterhin in ihrem historischen Wohnhaus in Torgau. Es entstand die Nutzungsidee, Menschen eine besondere Auszeit in einem besonderen Gebäude mit über 200-jähriger Geschichte zu bieten. „In Zeiten von beliebiger Austauschbarkeit möchten wir bleibende Erinnerungswerte schaffen.“, so die Eigentümer:innen.

Es folgten vier arbeitsintensive Jahre, in denen Familie Braun auf der Baustelle lebte und arbeitete. Einen Teil der Arbeiten am Gebäude wurden extern vergeben, gleichzeitig hat das Ehepaar in Eigenleistung viel selbst geschafft und dadurch sehr viel Baufachliches lernen können.

Renate und Jochen Braun widmete sich mit viel Liebe zum Detail trotz kaum vorhandener Aufzeichnungen zur früheren Aufteilung und Gestaltung des Hauses anhand der verbliebenen Gebäudeelemente und -strukturen einer denkmalgerechten Sanierung. Sie verfolgten konsequent das Ziel das Gebäude möglichst getreu der ehemaligen historischen Aufteilung zu sanieren und Teile des bauzeitlichen Zustands zu erhalten bzw. wiederherstellen. Dazu gehörte auch die repräsentative Gestaltung des Eingangsportal mit der zweiläufigen Freitreppe und dem schmiedeeisernen Tor am Grundstückseingang.

Im Haus entstanden im Zuge der Sanierungen neben dem Wohnbereich der Familie drei Ferienapartments, ein Festsaal für bis zu 50 Personen sowie ein repräsentatives Foyer mit Kamin. Für die Innengestaltung begab sich Renate Braun auf die Suche nach historischen Möbeln und seltenen Fundstücken, welche sie mit dem Ziel einer historischen, liebevollen Einrichtung auf Antikmärkten erwarb und selbst restaurierte. Eine der größten Herausforderungen im Zuge der Sanierung stellte für die Eigentümer:innen der Spagat dar, eine moderne Haustechnik ohne große Verluste der Bausubstanz zu installieren.

Eines der interessantesten historischen Fundstücke, welches das Ehepaar im Zuge der Sanierung auf dem zweigeschossigen Dachstuhl des Herrenhauses fand, war eine 150 Jahre alte Kaltmangel, welche von der Dorfbevölkerung wohl noch bis in die DDR-Zeit hinein zur Wäsche genutzt wurde.

„Dem Dorfe zur Würde, 
dem Platz zur Zierde, 
den Menschen zur Freude steht dieses Gebäude.“ 
(Aus der Chronik des Herrenhauses)

Pünktlich zum 220sten Geburtstag stand das Herrenhaus schließlich nach zeitintensiver Sanierung im Juni 2017 zum Wohnen und für touristische Nutzungen bereit. Unter dem Slogan „Miet doch ein Herrenhaus“ vermarkteten die Brauns das sanierte Kulturdenkmal ab sofort touristisch - für Feierlichkeiten aller Art, Seminare, Fotoshootings oder Urlaub. Dabei stellten die Eigentümer:innen hohe Qualitätsansprüche an ihre Arbeit als Gastgeber: „Im Umgang mit Gästen stellen wir hohe Ansprüche an uns selbst, schließlich verbringen diese Menschen hier die wertvollsten Stunden im Leben: ihren Urlaub, Freizeit, Feierlichkeiten! Unsere Maxime lautet: Jeder Gast soll unser Haus zufrieden und bereichert verlassen und bestrebt sein, mit einem Lächeln wiederzukommen.“ Die gepflegten Außenanlagen und der große Garten runden das Angebot ab und bieten viel Platz zum Durchatmen und zur Entspannung.

Auch zum Tag des offenen Denkmals im September 2017 öffnete das Herrenhaus Kunzwerda seine Türen und Tore und begrüßte erstmals 300 Besucher aus nah und fern. „Wir leben unseren Traum!“, betonen Renate und Jochen Braun.

Nun wünschen sie sich eine wertschätzende Zukunft für ihr Lebenswerk. Solange wie möglich möchte das Ehepaar den zahlreichen Aufgaben rund um die Gebäudepflege sowie Vermietung noch nachgehen und ihren Traum weiterleben. Gleichzeitig planen sie bereits seine Zukunft und möchten sich mit genug Vorlauf um gute Nach- oder Miteigentümer:innen bemühen. Dabei sind Renate und Jochen Braun neben dem Verkauf des Anwesens auch offen für die Schaffung einer Art Mehrgenerationenhaushalt, in welchem jede Partei seinen abgeschlossenen eigenen Wohnraum besitzt und den großen Garten gemeinsam nutzt und pflegt. „Es muss menschlich passen, das ist uns wichtig.“, betonen die Brauns.


 Fotos: DN, Nora Ruland; Familie Braun