Im Gespräch mit unseren Beraterinnen Nora Ruland, Regionalberaterin für Nordsachsen und Dr. Iris Engelmann, Regionalberaterin für Ostsachsen im Denkmalnetz Sachsen warfen wir einen genaueren Blick auf die Thematik Gestaltungs- und Erhaltungssatzung in Verbindung mit einer nachhaltigen Stadt- und Dorfentwicklung und deren Relevanz in unserer aktuellen Beratungstätigkeit.


Im Gespräch mit Nora Ruland & Dr. Iris Engelmann

Nora Ruland, zum Start ganz kurz, was verbirgt sich hinter diesen Satzungen und warum haben wir uns u.a. auch in einem Wissensbeitrag mit diesen auseinandergesetzt?

Nora Ruland: Im Rahmen des Denkmalschutzes und der Stadtentwicklung spielen die Gestaltungssatzung und die Erhaltungssatzung eine zentrale Rolle. Diese kommunalen Instrumente tragen dazu bei, historische Baukultur zu bewahren und eine qualitativ hochwertige städtebauliche Entwicklung zu fördern. Doch was genau diese Satzungen regeln und worin die Unterschiede liegen, ist besonders für die Bürger:innen häufig nicht klar. Besonders wichtig war uns, im Beitrag für unsere Wissensseite, neben der kurzen Erläuterung der Begriffe den Fokus auf die Qualitäten der Satzungen zu legen und darzustellen, welche Chancen sie für Kommunen und ihre Bewohner:innen bieten.

Nachhaltige Stadt- und Dorfentwicklung? Warum ist das für unsere Arbeit relevant?

Dr. Iris Engelmann: So wie Denkmalpflege und Denkmalschutz zum Erhalt des baukulturellen Erbes an einzelnen Gebäuden allein nicht durch den denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsprozess und denkmalfachlichen Vorgaben funktioniert – so wichtig diese auch sind –, kann nachhaltige Stadt- und Dorfentwicklung in der Fläche nur im Prozess mit den Menschen vor Ort (also Verwaltung und Bewohner:innen) und unter Einbeziehung von Expert:innen der entsprechenden Fachdisziplinen gut gelingen. Für uns als Denkmalnetz Sachsen stehen die Menschen im Mittelpunkt und sie können nur gemeinsam Verantwortung für die jeweilige Entwicklung ihres unmittelbaren (gebauten und unbebauten) Umfelds übernehmen. Wir wissen: Es braucht Viele um unser baukulturelles Erbe zukunftsfest zu machen, deshalb bauen wir auf das Engagement der Menschen vor Ort.


Um tiefere Einblicke in die Thematik zu bekommen, waren Sie an unterschiedlichen Orten mit Erhaltungs- & Gestaltungssatzungen unterwegs: Was hat sich als besonders wertvoll erwiesen und welche Faktoren sind für eine zukunftsfähige Dorfentwicklung besonders wichtig?

Nora Ruland: Kürzlich waren wir zum Beispiel im sorbischen Nebelschütz. Bei einem Rundgang mit dem ehemaligen Bürgermeister Thomas Zschornak konnten wir sehen, wie zukunftsfähige Dorfentwicklung funktioniert: Wir haben spannende Einblicke in die Erarbeitung sowie die Auswirkung der vor Ort erlassenen Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen erhalten und dabei erfahren, dass die Satzungen für Nebelschütz DIE Grundlage der Ortsentwicklung darstellen.

Einer der Erfolgsfaktoren: Die Beteiligung der Bürger:innen spielte bei der Verabschiedung sowie der Umsetzung der Satzungen eine zentrale Rolle. Dabei wurde die Wertschätzung für die gebaute Umwelt und deren Mehrwert im eigenen Ort in Nebelschütz durch individuelle Beratungsarbeit eines von der Kommune beauftragten Architekten erreicht. Dieser beriet Hauseigentümer:innen individuell zu anstehenden Reparatur- oder Sanierungsvorhaben mit Blick auf die durch die Satzungen festgesetzten Werte. Die wertvollen Tipps zur zukunftsfähigen Dorfentwicklung waren inspirierend und haben uns neue Perspektiven für unsere Arbeit im Denkmalnetz Sachsen eröffnet.

Und wo sind wir im Denkmalnetz Sachsen dazu aktuell aktiv?

Dr. Iris Engelmann: Die Thematik begegnet uns ins unseren Beratungen von Denkmaleigentümer:innen und Kommunen immer wieder. Heute wird unter anderem eine nachhaltige Stadtentwicklung unter Berücksichtigung der Klimaresilienz immer wichtiger. So unterstützen wir aktuell zum Beispiel die Stadt Zittau bei der Anpassung ihrer Gestaltungssatzung für den Zittauer Altstadtkern. Ziel ist es die Möglichkeiten zur Umsetzung der Zittauer Klimaresilienzstrategie in Vierteln mit hohem Denkmalbestand zu erörtern.

Nora Ruland: Auch für eine zukunftsfähige Lösung für Pödelwitz waren die Einblicke und der intensive Austausch mit den Akteur:innen in Nebelschütz zu den lokalen Erhaltungs- und Gestaltungssatzungen sehr wertvoll. So arbeiten wir u.a. mit daran den Ort über die Einzeldenkmale hinaus in der Fläche zu würdigen. In diesem Sinne haben wir eine Ortsanalyse angeregt, die ein vorbereitendes Instrument der Erhaltungssatzung ist und auf die Siedlungsgeschichte, die schützenswerten Räume, Bauten und Strukturen der Ortschaft aufmerksam macht.

Mit Hilfe der Learnings aus Nebelschütz plant der Verein Pödelwitz hat Zukunft e.V. nu im Rahmen einer Dorfversammlung eine Auftaktveranstaltung zur Ortsanalyse, die das Landesamt für Denkmalpflege als Vorarbeit für eine mögliche Satzung erarbeitet. Hier können die Dorfbewohner:innen die Person kennenlernen, die bald oft vor Ort sein wird und die Bestandsaufnahme durchführt. Vielleicht kommen bei dem Termin noch historische Postkarten oder Fotos zutage, die das historische Pödelwitz im Bild noch genauer zeichnen können.


Was ist für das Gelingen einer Erhaltungs- oder Gestaltungssatzung also besonders wichtig?

Nora Ruland: Unsere Gespräche mit Menschen aus Kommunen mit einer Erhaltungs- oder Gestaltungssatzung haben gezeigt, dass von Beginn an das Verständnis und damit die Akzeptanz für diese städtebaulichen Instrumente der Bewohner:innen den vielleicht entscheidendsten Erfolgsfaktor darstellt. Eine Möglichkeit besteht also darin die Bevölkerung vor Ort bestmöglich in den Prozess zur Erarbeitung einer Satzung mit einzubinden, indem die Kommune Rundgänge und Infoveranstaltungen vor Ort anbietet oder gemeinsam mit einzelnen interessierten Bürger:innen verständliches Infomaterial zu den schützenswerten, besonderen städtebaulichen Merkmalen erarbeitet.

Dr. Iris Engelmann: Genau, es ist besonders wichtig, die Bewohner:innen mitzunehmen, zu vermitteln und zudem nicht zu enge Vorgaben zu machen, damit auch noch Diversität möglich ist. Dieses gute Maß zu finden, ist nicht leicht, doch es lohnt sich, die Herausforderung anzugehen.


Liebe Nora Ruland, liebe Dr. Iris Engelmann herzlichen Dank für die Einblicke! 
Wir sind gespannt, wie es weitergeht. 

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Kurz erklärt: Erhaltungssatzung, Gestaltungssatzung und Denkmalschutzgebiet


Fotos: 
1: Nora Ruland, Regionalberaterin Nordsachsen (DNS, Katharina Beck)
2: Nebelschütz (DNS, Nora Ruland)
3: Dr. Iris Engelmann, Regionalberaterin Ostsachsen (Adrian Hirt)